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Sharon Brauner

Die Berlinerin, 43 Jahre alt und soeben erstmals Mutter eines properen Sohnes geworden, entstammt einer Familie, die den deutschen Film der letzten fünf Dekaden mitbestimmte, hat als Schauspielerin an bewegten Bildern der unterschiedlichsten Genres durchaus ihren Anteil, setzt aber jetzt klar auf den Song. Und zwar auf den jiddischen. Ist das für sie eine Art von Rückkehr zu den Wurzeln oder ein klarer Neubeginn? „Weder, noch“, sagt Sharon Brauner. „Ich hatte die Sprache und Musik in meiner Kindheit mitbekommen, mein Vater sprach jiddisch, wenn er mit Freunden Karten spielte. Für mich war das ein bisschen deutsch, dann aber auch wieder gar nicht, mir kam das wie eine Geheimsprache vor“. Aufregend eben. Die Lieder allerdings hätten eher traditionell gewirkt, „anders gesagt: sie klangen nicht gerade sexy. Dann habe ich irgendwann die Barry Sisters gehört, das klang auf einmal wahnsinnig sexy. Sie haben Swing-Adaptionen gemacht aus den jiddischen Songs“.

Dass sie aus den überlieferten Liedern nun nicht etwas Ähnliches macht, liegt in der Natur – nein, nicht der Sache, sondern der Sharon Brauner. „Wir hatten die Idee, diese Lieder in die Fahnen jener vielen Länder zu hüllen, in die Juden ausgewandert sind“, sagt die Sängerin, „und uns lag viel daran, etwas Unaufdringliches möglichst weit weg vom Klezmer zu machen“. Das ist ihr und ihren Musikern vortrefflich gelungen. Da wird ein Klassiker wie „Bei mir bist du sheyn“ kurzerhand an die Copacabana verlegt, da erklingen Walzer im Electro-Sound und Tangos wie ein heißer Flirt frühmorgens im Club, mit der „Tumbalalaika“ reist sie dann doch noch gen Osten, allerdings nicht im Folklorekleid, und die Balladen des Albums klingen eher nach Pop als nach dem, was sonst mit jiddischer Musik so in Verbindung gebracht wird.
Oder eben mit jüdischer Kultur – ein Thema, das in Deutschland fast unweigerlich sofort zum Politikum erklärt wird. „Für mich ist das kein Muss“, sagt Sharon Brauner, „ich habe mich mit der jüdischen Tradition nie sonderlich stark identifiziert. Schon gar nicht religiös, auch nicht vereinsmäßig. Ich bin eher im Multikulti-Berlin verwurzelt, kenne Straßengören ebenso gut wie irgendwelche seltsamen Figuren aus der Berliner Kulturszene“. In ihrer Familie sei das anders gewesen, „natürlich habe ich von meinen Eltern als direkten Überlebenden des Holocaust viel über diese Geschichte erfahren. Ich habe mich damit auch sehr stark befasst“. In ihren jiddischen Liedern aber gehe es ihr darum, „die Lebensfreude und Wärme, die diese in sich tragen, zu vermitteln. Mich interessiert mehr die Kultur vor 1933 und ich spare musikalisch die Jahre 1933 bis 1945 lieber aus. Wobei mir durchaus bewusst ist, das es hier um eine Kultur geht, die es so einfach nicht mehr gibt, was ich ganz furchtbar finde“. Ein Stück weit aber bringt uns Sharon Brauner diese Kultur jetzt zurück, ohne jede nostalgische Verklärung, in einem Sound, der fernab altbackener Retro-Kultur steht und stattdessen, tja – ziemlich sexy um die Ecke kommt. „Du kannst dir nicht vorstellen“, hatte Sharon Brauner gesagt, „wie schnell diese Sprache in meiner Gosche drin war“. Und sie kann sich jetzt vielleicht nicht vorstellen, wie schnell die „Jewels“ in den Herzen ihrer Hörer landen.

     

Discographie