Henri Marteau
Der Geiger, Komponist, Violinpädagoge und Herausgeber Henri Marteau (1874-1934) gehört zu den tragischen Gestalten der Musikgeschichte. Er begann seine Karriere als ein u.a. von Brahms, Bruch, Gounod und Massenet ermutigtes und hoch gelobtes Wunderkind, feierte dann in ganz Europa und in den USA auf ausgedehnten Konzerttourneen Triumphe. Als Nachfolger des deutschen „Geigenpapstes“ Joseph Joachim an der Berliner Musikhochschule seit 1908 war er auch der führende Violinpädagoge im deutschsprachigen Raum. Aber der Sohn eines französischen Industriellen und einer deutschen Mutter, der französischer Staatsbürger war, wurde bei Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 als feindlicher Ausländer verhaftet, mehrmals freigelassen und wieder festgenommen und durfte nach demütigenden Internierungen erst 1917 in seine Villa nach Lichtenberg in Oberfranken zurückkehren. Seine Berliner Stellung wurde ihm in entwürdigender Weise entzogen und auch nach Ende des Krieges nicht wiedergegeben. Weder als Solist noch als Pädagoge konnte er an seine Erfolge vor dem Krieg anknüpfen, schon gar nicht mit Schallplattenaufnahmen, die für ihn zu spät kamen und ihn nicht mehr im Vollbesitz seiner Fähigkeiten zeigen.